Das Kreuz ist noch da. Man nimmt es nicht auf Anhieb wahr, weil ein Staffelgeschoss auf das Gebäude gekommen ist. Aber wer ein paar Schritte in die gegenüberliegende Straße geht, kann es sehen. Darauf wies Caritas-Geschäftsführer Frank Polixa während der Eröffnungsfeier mit rund 60 Gästen hin, die in den Räumen der neuen Caritas-Tagespflege im Erdgeschoss stattfand.
"Wir freuen uns, dass die Kirche künftig wieder Menschen aus der Gemeinde Herz-Jesu eine Heimat bieten kann. Hier ist ein Ort zum Leben für ältere Menschen entstanden", sagte Caritas-Vorsitzender Dr. Christof Wellens. In der Tagespflege können bis zu 15 ältere Menschen gut betreut den Tag verbringen. Linda Mevißen leitet die Einrichtung, die den Gästen oft eine ganz neue Lebensqualität ermöglicht und die Angehörigen entlastet.
Bereits zum dritten Mal kombiniert der regionale Caritasverband eine Tagespflege mit seniorengerechtem Wohnen. Die Wohnungen haben zwischen rund 46 und 82 Quadratmeter, jede verfügt über einen großen Balkon, auf dem mindestens vier Menschen bequem Platz finden. Von den insgesamt 23 Servicewohnungen sind 14 im sozialen Wohnungsbau entstanden. "Gerade uns als Caritas ist es wichtig, dass wir auch an die Menschen denken, deren Einkommen nicht so hoch ist", betonte Frank Polixa. Sorgen bereiten ihm der enorme Bürokratismus und die zu geringen Förderhöhen. Der Caritas-Geschäftsführer forderte die Politik deshalb auf, den sozialen Wohnungsbau zu entbürokratisieren und attraktiv zu gestalten - im Sinne der Menschen, die auf preiswerte Mieten angewiesen seien. "Sonst findet man bald niemanden mehr, der als Bauherr bereit ist, sich das anzutun", sagte Polixa, der allen Projektbeteiligten herzlich dankte.
"Wir haben die 1964 geweihte Kirche wie ein Denkmal behandelt, obwohl sie kein Denkmal ist", erläutert Architekt André Grosch. Die massiven Außenwände sind erhalten geblieben, haben jedoch neue Öffnungen erhalten. Alle Einbauten sind im Holzrahmenbau ausgeführt worden. Eine besondere Herausforderung sei der Brandschutz gewesen, so Grosch. Eine große Lichtkuppel im Obergeschoss sorgt für viel Helligkeit im Treppenhaus und in den Fluren.
Für die Stadt Mönchengladbach dankte die Erste Bürgermeisterin Josephine Gauselmann dem Caritasverband für das "außergewöhnliche Bauprojekt" und die neuen Angebote in der 2015 entwidmeten Kirche. "Mit der Entwidmung ist Gott nicht ausgezogen. Und nun nimmt er hier Wohnung unter den alten Menschen", erklärte Prof. Dr. Andreas Wittrahm vom Caritasverband für das Bistum Aachen.
Künftig soll der Vorplatz der Lebenskirche gemeinsam mit der Kirchengemeinde, dem Begegnungszentrum Hannes und weitere Nachbarn genutzt werden. "Es gibt schon einige Ideen für das Quartier", sagte Caritas-Geschäftsführer Frank Polixa. Auch der neue inklusive Caritas-Kindergarten und die Frühförderung seien nicht weit entfernt, sodass viele Begegnungen zwischen Jung und Alt möglich seien, fügte er hinzu.
Fast sieben Jahre, nachdem am 25. Oktober 2015 der allerletzte Segen in der Kirche erteilt worden war, segnete Pfarrer Michael Schicks nun die "neue" Lebenskirche St. Johannes - als Zeichen dafür, "dass Gott immer da ist und auf der Seite der Menschen steht". Pfarrer Schicks hat einen ganz besonderen Bezug zur Lebenskirche: Er hat hier eine Wohnung für sich gemietet. Auch Gerlinde Wehrmann ist in die Lebenskirche gezogen. Ihr Arzt hatte ihr zu einer barrierefreien Wohnung geraten. Ihr neues Domizil ist 50 Quadratmeter groß, sozial gefördert und bietet einen Blick ins Grüne. "Ich bin so glücklich", sagt die 67-Jährige, "weil ich spüre: Hier gehörst du hin."
Info:
Die Tagespflege in der Lebenskirche ist bereits die vierte, die der Caritasverband in den vergangenen acht Jahren eröffnet hat. Informationen über das neue Angebot an der Urftstraße gibt es unter Telefon 02166-1461707.
Während der zweijährigen Bauphase hatte der Caritasverband mit Materialknappheit, Lieferschwierigkeiten und Preissteigerungen zu kämpfen. Ursprünglich war der Umbau mit 5,5 Millionen Euro veranschlagt. Am Ende sind es mehr als 6,3 Millionen Euro geworden. Das Projekt wurde zum Teil aus Mitteln des Bundes und der NRW.Bank gefördert.